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Reine — Vers 231 bis 232 Und weil (…) Reine — Dieser dem Geiste der christlichen Religion entsprechende Ausdruck ist vielleicht selbst in Bezug auf die Art und Weise nicht figürlich, in welcher sich dem Auge in einer bedeutenden Höhe die Schöpfungen des menschlichen Stolzes und Scharfsinnes, ja selbst die Schönheit der Natur, die zu schauen ihm vergönnt ist, darstellen. Als ich den Gipfel des Montblanc bestiegen, wo sich mir während zweistündigen Aufenthalts Gefühle erschlossen, wie ich sie gewiß nie wieder in meinem Leben erfahren werde, entschwand auf dem Wege dahin bei lebendigen Leibe meinen Augen und Sinnen das Stück Erde, über welches der Mensch gebietet, und erst von der Spitze aus konnte man die weißfarbigen Gegenstände und gerade diejenigen unterscheiden, welche er durch seinen Einfluß nicht zu verändern vermochte. So sahen die Seen von Genf, Neuenburg, Murten, Biel etc. aus, als wären es über Dämmerung ausgespannte Segel, während die an ihren Ufern stehenden Häuser, Städte, die Farben und der Schimmer, einen dunklen Nebel bildeten. Auf ähnliche Weise konnte man die Gletscher unterscheiden, während Wiesen, Wälder, ja selbst Berge von bedeutender Höhe, wenn auch niedern Ranges, in ihrem Umkreis in grauem Dunst ineinanderliefen. Gleichwohl gibt es nichts Prachtvolleres, Wilderes, als die Aussicht vom Montblanc; aber da sie durchaus verschieden ist von den bekannten Fernsichten, so kann man sich dieselbe nicht anders ausmalen, als indem man sich vorstellt, sie sei von irgend einem bösen oder guten Geist im Augenblick, als Gott das Chaos schuf, entführt worden. Alles Menschenwerk verschwindet durch seine Kleinheit; Tausende von Bergwiesen mit Granitgipfeln oder Schneeschilden, der fast schwarz gefärbte Himmel, die umdunkelte Sonne, der blendende Schneeglanz, die dünne Luft und, in Folge dessen, der kurze Atem und der schnelle Pulsschlag erfassen den Sterblichen mit übermenschlichen Gefühlen, und ich bin gewiß, daß, außer andern Ursachen, namentlich wegen des unermeßlichen Unterschiedes dieser wunderbaren Höhensicht von andern und wegen der Schwäche unserer Sinne, kein Mensch diesen Anblick lange zu ertragen im Stande wäre. Möge diese Erinnerung eines ungewöhnlichen Interesse, wie ich es auf jenem ungeheuern, abgesonderten Berggipfel empfunden, keinem unserer jungen Reiselustigen ein Anlaß, diese Reise zu unternehmen, sein. Der sehr großen Gefahren und Beschwerden nicht zu gedenken, die mit diesem Vorhaben notwendigerweise verbunden sind, hängt der glückliche Ausgang desselben auch noch von vielen Umständen ab, die nicht in unserer Macht liegen. Drei Tage schönes Wetter ohne die geringste Wolke und ohne allzu weichen Schnee sind hier fast eine nötigere Hilfe, als die geduldigste Ausdauer und die stärksten Lungen; ohne diese Bedingungen jedoch kann es nur zum Unheil ausschlagen, und es wäre der verderblichste Starrsinn nicht auf die Warnungen der Führer zu hören, welche überall in der Schweiz, und besonders in Chamouni, voll Mutes und gesunden Urteils sind. (Malczewski) [przypis autorski]